Spitzenförderung am Humboldt-Gymnasium II


Wieder dabei: Humboldtianer bei der Schülerakademie

Franz Stritzel und die künstliche Intelligenz aus Urspring

 

Wieder beginnt ein neues Schuljahr und wieder erscheint auf der Internetseite unseres Gymnasiums ein Artikel von einem Schüler, welcher über besondere schulische Erfahrungen in seinen letzten Sommerferien berichtet. Genauso seltsam und unverständlich das Folgende nun klingen wird, empfand ich dies in den letzten Jahren auch. Doch ein Besuch der „Deutschen Schülerakademie“ ist schlicht und ergreifend einzigartig, einmalig und unverständlich für jeden Außenstehenden, der nie an diesem Programm der „Stiftung für Bildung & Begabung“ teilnahm.

Genau wie die Meisten war auch ich recht unsicher, als mir Frau Kelle dieses Programm vorschlug. Dennoch war ich gespannt und fühlte ich mich sehr geehrt, als einziger Schüler unseres Gymnasiums für die Teilnahme ausgewählt worden zu sein. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bei allen, die an dem Vorschlag beteiligt waren und ganz besonders bei Frau Kelle bedanken.

Nach langer Ungewissheit erhielt ich während der Ausgabe der Zeugnisse eine E-Mail und die Zusage für meine Teilnahme. Dann mussten so schnell wie möglich die gesamten Ferienpläne umgestellt und das Schreiben der Seminarfacharbeit weiter aufgeschoben werden. Zweieinhalb Wochen zusammen mit unsportlichen Nerds, Musikern und Historikern zu verbringen, war schon eine seltsame Vorstellung, doch ich wurde ich eines Besseren belehrt.

Am 1. August stieg ich nun also in den Zug in Richtung Ulm, dann fuhr ich nach Schelklingen und von da erreichte ich meine neue Bleibe für die nächsten Wochen nach einem Fußmarsch von etwa 30 Minuten. Im Mittelalter als Kloster erbaut, ist die Urspringschule heute eine evangelische Internats- und Ganztagesschule mit Grundschule, Gymnasium, Möglichkeiten zum Ablegen des Gesellenbriefes und nebenbei noch anerkanntes Basketballleistungszentrum des Deutschen Basketball Bundes DBB. Das Gelände der Schule ist scheinbar völlig von der Außenwelt abgeschnitten, ohne Telefonnetz, ohne Mobile Datenverbindung aber wenigstens mit einem Schul-WLan als Verbindung zum weltweiten Netz des Wissens. Anfänglich waren alle noch etwas distanziert, doch bereits beim Speed-Dating am ersten Abend konnte man sich besser kennenlernen.

Am nächsten Morgen stand das alltägliche Plenum auf dem Plan, bei dem alle wichtigen Termine und Aktivitäten des Tages vorgestellt wurden. Hier wurde uns auch nachdrücklich von der Akademieleitenden Maike Carstensen mitgeteilt, dass dies unsere Akademie sei und sie genau so werden würde, wie wir sie mitgestalten. Danach gingen alle Teilnehmer der Akademie in ihre erste richtige Kurseinheit, die bei mir mit einem Aufwärmspiel begann, welches von nun an auch an allen folgenden Tagen vor dem Kurs gespielt werden sollte. Dabei verfehlte es zwar das, von unseren Kursleitern Juri Maibaum und Michael Lohaus, geplante pädagogische Ziel, da aus dem „harmlosen Aufwärmspiel“ schon bald ein erbitterter Wettkampf um die Tagessiege und den vielversprechenden Gesamtsieg wurde. Es stellte aber jeden Tag einen der Höhepunkte dar. In einem Informatikkurs mit der Leitfrage „Maschinelles Lernen - für das Gemeinwohl?“ war das doch eine Überraschung. 

Doch blieb an einem Tag neben den 2 Kurseinheiten auch noch reichlich Zeit für andere Aktivitäten. Die so genannten KüAs (:=Kursübergreifende Angebote) waren dabei immer sehr beliebt. Hier konnten die Kursleiter, aber hauptsächlich die Teilnehmer alles anbieten, was nur irgendwie möglich war. Von Basketball über Wikingerschach, Ungarisch, Arabisch, Russisch und Altgriechisch, bis hin zu antikem Kochen, Tanz, Nachtwanderungen, Autogenem Training  und Sternschnuppenbeobachtungen (die dazu führten, dass wir ganze Nächte im Freien verbrachten) war alles möglich. Jeden Tag probten auch Chor und Orchester für das bevorstehende Abschlusskonzert, zu dem die Gäste mitunter von weit anreisten.

Im Kurs befassten wir uns mit den mathematischen und logischen Grundlagen des Maschinellen Lernens, einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, sowie der Programmiersprache Python, um bald darauf unsere eigenen Algorithmen zur Klassifizierung zu schreiben und anzuwenden. Doch nicht nur die trockenen Grundlagen wurden uns zumeist in Referaten der Teilnehmer vermittelt, sondern auch über ethische Fragen der künstlichen Intelligenz wurde heiß diskutiert. Eine künstliche Intelligenz aus Streichholzschachteln wurde gebaut und angelernt, sodass sie als Schachcomputer gegen einen Menschen gewinnen kann. Später entwickelten wir in Kleingruppen eigene Projekte und schrieben die passenden Programme dafür selbst. Meine Gruppe befasste sich mit der Erkennung von Dialekten; ganz besonderes Augenmerk lag dabei auf dem schwäbischem Dialekt, da wir vom Großteil der Personen in Urspring und Umgebung und ihrem Schwäbisch inspiriert wurden. All jenes musste natürlich auch dokumentiert und für die Nachwelt festgehalten werden, wie uns vermittelt werden sollte…

In den anderen Kursen wurde mit Mathe und Bio Krebs verstanden, Arzneimittel von der chemischen Synthese bis zur Wirkung im Menschen untersucht, der Zusammenhang von Sprache und Identität näher betrachtet, sowie die historische Wahrheit über den Mythos und das Erbe der Germanen gesucht und Richard Wagner und die Hintergründe seines „Ring des Nibelungen“ erforscht. Nach gut 1,5 Wochen wurden in der so genannten Rotation die bisherigen Erkenntnisse des eigenen Kurses den restlichen Teilnehmern in Vorträgen vorgestellt.

Für das Ende des Tages wurde mir der Posten des Hauptorganisators des akademietypischen Sportturniers mit Beteiligung aller Teilnehmer, Kurs- und Akademieleitender, übertragen. Doch wurde hier kein „normaler“ Sport gespielt, sondern ein magisches Quidditch-Turnier ganz nach „Harry Potter“-Manier mit Besen und Bannern. Dieser Abend war wirklich unvergesslich, obwohl nicht alle Harry Potter Fans waren, hielten die Kurse zusammen und unterstützten sich mit Schlachtrufen, Trommeln, Gesängen und Kriegsbemalungen.

Während der gesamten Zeit in Urspring herrschte ein so produktives Arbeitsklima, wie es an einer normalen Schule nie zustande kommen wird. Alle waren motiviert und wollten an ihren Projekten arbeiten, teilweise traf sich der gesamte Kurs freiwillig selbst bis nach Mitternacht, um an den Projekten zu arbeiten. Das Unglaublichste an der Zeit war für mich dieses Zusammenspiel der Talente jedes Einzelnen, die zu einem einmalig guten Ergebnis führten. Ganz gleich, ob in den KüAs, im Kurs oder im gemeinschaftlichen Leben in der Akademie, es kam statt zu Streit immer zu einem konstruktiven, aber dennoch unterhaltsamen Miteinander.

Wie schon am Anfang angemerkt, waren die 17 Tage in der Deutschen Schülerakademie eine unfassbar schöne und besondere Zeit voller neuer Erfahrungen, neuer Freundschaften und natürlich Spaß am Lernen auf Augenhöhe, welches schnelleres Lernen und besseres Verständnis garantierte.

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